Kappenkollisionen verhindern

Kappenkollisionen verhindern
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Bedingungen für eine Kollision

Ich muss zur

  • gleichen Zeit,
  • an der gleichen Stelle,
  • in der gleichen Höhe

sein wie ein anderer Springer um eine Kappenkollision zu verursachen.
Ich brauche also nur darauf zu achten, dass dieser schwierig herbeizuführende Zustand nicht zufällig eintritt.

 

Abstand halten während der Schirmfahrt
Der sicherste Weg Kappenkollisionen zu verhindern ist während der gesamten Schirmfahrt Abstand zu anderen Springern zu halten.

 

Die Separation
Die Separation beginnt mit dem Wegfliegen von der Formation in der abgesprochenen Höhe. Dann beginnt ein Track in die abgesprochene Richtung während der gesamten Zeit bis hin zur abgesprochenen Öffnungshöhe. Nach dem Blick nach hinten und oben und deutlichem Abwinken wird die Öffnung eingeleitet.

Wenn ich mit einer kleinen Gruppe unterwegs bin, sollte es mir gelingen alle meine Mitspringer während des Tracks im Auge zu behalten. Bei einer größeren Formation gilt meine besondere Aufmerksamkeit den Springern rechts und links neben mir.

Ich versuche, zusätzlich zum horizontalen Abstand ein bißchen vertikalen Abstand zu erzeugen, indem ich kurz vor oder kurz nach meinem Nachbarn den Schirm öffne.

Generell ist die Separationsrichtung geradeaus weg vom Zentrum der Formation. Diese Richtung ist fast nie durch eine 180°-Drehung zu erreichen.

Manche Formationen sind nicht rund, deswegen kann nicht jeder geradeaus vom Zentrum wegtracken. Bei komplizierteren oder größeren Vorhaben sollten die Separationsrichtungen abgesprochen werden.

Bei einem schlechten Absetzpunkt in Richtung Sprungplatz zu tracken mag unter Umständen sinnvoll erscheinen um einen längeren Fußweg zu vermeiden.

Vorsicht:

  • Auf die Idee könnte auch ein Teamkollege kommen.
  • Bei einem „Absetzvorgang gegen den Wind“ befinden sich die zuvor abgesetzten Gruppen auf dem Weg zum Sprungplatz

Nach dem Wave-Off bis zur Öffnungshöhe zu tracken ist unbedingt erforderlich. Manche Springer neigen dazu nur kurz zu tracken um dann auf der Stelle bis zur Öffnungshöhe zu warten. – Ein anderer Springer könnte die gewonnene Entfernung aufholen und dann während der Öffnung in der Nähe sein.

Nach und während der Öffnung meines Hauptfallschirms halte ich direkt Ausschau nach anderen Springern und stelle Steuerbereitschaft her. Ich benutze dafür die Haupttragegurte, vorzugsweise die Hinteren, auch schon während der Öffnung um den Hauptschirm vom Verkehr wegzudrehen und achte darauf dass die Richtung frei ist. Es wäre ja blöd wenn ich bei einem Ausweichversuch jemanden über den Haufen fliege.

Verkehrscheck
Wie finde ich heraus, ob jemand in der Nähe ist? Die Lösung ist ganz trivial. Wie am Boden: Ich schaue nach vorne, nach links und rechts und über die Schulter nach hinten. Und wie in der Luft, nach oben und nach unten.
Bevor ich meine Flugrichtung ändere, kontrolliere ich ob in meinem Zielgebiet alles frei ist. Achtung: Wenn ich plane eine Drehung zu fliegen, muss ich den Luftraum unter und hinter mir checken.
Solange ich mit dem Fallschirm in der Luft unterwegs bin mache ich diesen Verkehrscheck immer und immer wieder und halte den Verkehr auf Abstand.
Niemand soll mich überraschen können.

Überholen

  • Ich überhole grundsätzlich nur Schirme, die langsamer sinken als mein Schirm.
  • Ich überhole grundsätzlich nur dann, wenn ich den Verdacht habe, dass ich sonst gleichzeitig mit dem Anderen lande.
  • Ich überhole nicht in der Platzrunde.

Ein Überholmanöver ist ein klares Manöver das der Andere versteht. Nach dem Luftraumcheck (unten-hinten) fliege ich eine schnelle 360°-Drehung und wenn nötig noch eine zweite. Wenn ich überholt wurde, akzeptiere ich das und starte kein Überholmanöver meinerseits. Streiten kann man sich zur Not am Fußboden, dass ist sicherer.

Gestapelte Exits, Hop und Pop, kurze Verzögerungszeiten
Gestapelte Exits bieten sich an, wenn mehrere Springer in einem einzigen Anflug bei einer niedrigen Exithöhe das Flugzeug verlassen: beispielsweise bei einer Demo, Schirmfahrtseminar, Zielsprungtraining, CRW oder Swooptraining. Es gilt: Exit-Reihenfolge gleich Landereihenfolge. Jeder Springer behält seinen Vordermann im Auge, so dass jeder genügend Platz für seinen Anflug auf die Landezone hat. Der Springer mit der höchsten Wingload springt zuerst und zieht etwas tiefer als der darauf folgende. Man sollte den Schirm und den Flugplan seines Vordermannes kennen und den Abstand zu Ihm nicht allzu groß werden zu lassen, so dass kein Stau entsteht.

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Zielspringen und Swooping erfordern mehr Konzentration auf die aktuelle Position als auf den umgebenden Luftraum. Gestapelte Exits und Anflüge erlauben es den Springern sich auf Ihre Disziplin zu konzentrieren und genügend Abstand zu anderen zu wahren.

Die Platzrunde für Fallschirmspringer
An den meisten Sprungplätzen in Deutschland gilt die Regel „letzte Kurve links“: bei einem konventionellen Anflug gilt also die Links-Platzrunde.

Linksplatzrunde

Links-Platzrunde Draufsicht

Nach der Öffnung ist der umgebende Verkehr das Wichtigste. Solange man noch mit der Kappe beschäftigt ist, ist es sinnvoll in Separationsrichtung zu steuern. Erst danach sollte man seine eigene Position in Bezug auf den Sprungplatz prüfen und diese verbessern. Es ist gut zu wissen, wo die folgende Gruppe ihre Schirme öffnet und diesen Bereich zu meiden. Man fliegt umsichtig zum Einstiegspunkt der Platzrunde und reiht sich dort in den Verkehr ein.

Platzrunde

Links-Platzrunde

Flugzeuge landen alle auf der gleichen Landebahn und fliegen den gleichen Endanflug, eines nach dem anderen. Springer haben auf dem Sprungplatz viele verschiedene Landebahnen zur Verfügung, sie müssen nicht hintereinander landen. Die Gefahr von Kollisionen steigt erheblich wenn sich die „Landebahnen“ der Springer überschneiden. Auf parallelen „Landebahnen“ können Springer jedoch gleichzeitig landen. Um diese Parallelität zu gewährleisten gibt es an vielen Sprungplätzen einen Landerichtungsanzeiger. (Hier im Beispiel das klassische Lande-T)

parallele Landebahnen

parallele Landebahnen

Die Landerichtung

Fallschirmspringer möchten im Normalfall gegen den Wind landen.
Bei der Landung gegen den Wind ist die Geschwindigkeit über Grund am Kleinsten und es gibt keine störende Seitenwindkomponente. Ein Windsack ist bei konstanter Windrichtung und Stärke also ein zuverlässiger Landerichtungsanzeiger.
Problematischer ist die Situation bei wenig und wechselndem Wind. Dafür werden an den Sprungplätzen unterschiedliche Regeln aufgestellt.

Die Einfachste ist: Der Erste gibt die Landerichtung vor. Wenn das jeder weiß und sich alle daran halten, eine klasse Regel. Aber was, wenn der Erste ein Idiot ist? Genau, deswegen hat sich diese Regel nicht durchgesetzt.
An den meisten größeren Sprungplätzen die ich kenne gibt es Landerichtungsanzeiger. Diese sind meist mehr oder weniger automatisch und genauso verbindlich. Wichtig ist die geltende Regel zu kennen.

Einfliegen in die Platzrunde
Ich fliege umsichtig und mit dem größtmöglichen Abstand in jede Richtung in den Gegenanflug der Platzrunde. Das Einfliegen in die Platzrunde ist ein guter Zeitpunkt für einen zusätzlichen Verkehrscheck. Besondere Aufmerksamkeit richte ich auf den Schirm vor mir. Ich versuche den Abstand gleich zu halten. (hinter mir macht der Nächste das gleiche, deswegen versuche ich nicht den Abstand zu vergrößern).

Drehung in den Queranflug
Das Einfliegen in den Queranflug ist ein guter Zeitpunkt für einen zusätzlichen Verkehrscheck 🙂 . Ich blicke über den Eindrehpunkt zum Endanflug hinaus und prüfe ob Gegenverkehr kommt. (Im Queranflug sind hin und wieder Geisterfahrer unterwegs, dazu gleich mehr).

Drehung in den Endteil
Mit dem Eindrehen in den Endanflug sollte sich die Flugichtung nicht mehr ändern. Bin ich zu hoch drehe ich später in den Endanflug, bin ich zu tief drehe ich früher. Das Einfliegen in den Endteil ist ein guter Zeitpunkt für einen zusätzlichen Verkehrscheck 🙂 . Ich denke daran, dass ich dem Schirm zur Landung volle Fahrt gewähren möchte.

Abweichende Verfahren
Im Optimalfall fliegen alle Springer in der gleichen Platzrunde. Manchmal führt allerdings ein schlechter Absetzpunkt oder fehlende Aufmerksamkeit dazu, dass einige Springer von der Platzrunde abweichen oder eine gespiegelte Platzrunde fliegen. Das ist jedenfalls besser als zu tief in die Platzrunde einzufliegen und sich durch eine tiefe Drehung in Gefahr zu bringen. In diesem Fall sollte man besonders besonnen handeln und dem Abweichler das Einfädeln in den Endanflug ermöglichen, bzw. selbst sehr vorsichtig in den Endanflug einfliegen und wenn möglich ein Einfädeln ganz vermeiden.

gespiegelte Platzrunde

gespiegelte Platzrunde

Die Platzrunde enthält keine Spiralkurven und S-Schläge. Jede Abweichung von geraden Anflügen enthält potentielle Kollisionspunkte.

S-Schläge

S-Schläge in der Platzrunde verursachen mögliche Kollisionspunkte

Aber was mache ich wenn ich mich verschätzt habe und zu hoch am Eindrehpunkt für Quer-oder Endanflug ankomme? Ich vergrößere meine Stecke in dem ich etwas nach außen fahre. So bleibe ich in Sicht für den nachfolgenden Verkehr und komme trotzdem in der gewünschten Höhe zum Eindrehpunkt. Beim Wiedereinfädeln in die geplante Route bin ich besonders aufmerksam.

Platzrunde zu hoch

Alternative zu S-Schlägen

Zusätzlich verkompliziert wird die Platzrunde durch die unterschiedlichen Gleitwinkel der Schirme. Der Gleitwinkel ist der Winkel zwischen der Horizontalen und dem Gleitpfad des Schirms.

Gleitwinkel

Das Verhältnis zwischen Fahrtrichtung und Windrichtung, Größe des Schirms, Flächenbelastung, aktueller Anstellwinkel und Bremsenstellung beeinflussen den Gleitwinkel. Man kann also davon ausgehen das jeder andere Schirm der mit uns im Luftraum unterwegs ist einen anderen Gleitwinkel hat. Wenn ich also hinter einem anderen Schirm herfliege, kann ich nicht davon ausgehen, dass ich bei gleicher Fahrtrichtung und Geschwindigkeit ohne aktives Zutun hinter Diesem bleibe. Sondern ich werde im besten Fall bald über diesem Schirm, im schlechteren Fall bald darunter sein.

Wie verhalte ich mich bei einer Kappenkollision?
Im besten Fall berühren sich die beiden Kappen nur und geben sich danach unbeschädigt frei.
Im schlechteren Fall kommt es zu einer Verwicklung:
Verwicklungen lassen sich grob in zwei Kategorien einordnen. Kappe-Körper und Kappe-Kappe-Verwicklungen.

Kappe-Körper-Verwicklung
In diesem Fall bleibt der Schirm des oberen Springers meistens offen, fliegt aber mit der doppelten Flächenbelastung.

Bei ausreichender Höhe sollte in diesem Fall der untere Springer mit Abtrennen sein Reserve-Verfahren einleiten.

Falls die Höhe nicht ausreichend ist, ist es vielleicht sinnvoll, dass der untere Springer seine Reserve nur dazu zieht.

Kappe-Kappe-Verwicklung
Eine Kappe-Kappe Verwicklung entsteht, wenn ein Springer einem anderen durch die Leinen fliegt.

Hier kann es sein dass beide Springer durch Abtrennen das Reserveprozedere einleiten müssen. Die obere Person trennt zuerst ab um ein Einwickeln der anderen Person mit dem abgetrennten Hauptschirm zu vermeiden. Es ist möglich, dass der getrennte Hauptschirm sich nun selbst aus der Verwicklung löst.

Wenn sich eine Kappe-Kappe-Verwicklung stark dreht sollte der Hauptschirm, der die Drehung verursacht, zuerst abgetrennt werden.

Falls nicht ausreichend Höhe vorhanden ist, sollte durch zusätzliches Öffnen der Reserve versucht werden die Geschwindigkeit zu reduzieren.

Autobahn fahren
Fallschirmfliegen lässt sich etwa mit einer Autobahnfahrt vergleichen. Man plant ständig voraus und rechnet aus wie sich der umgebende Verkehr als nächstes verhält. Ich bewege also in Gedanken nicht nur mein eigenes Gefährt, sondern auch die der Anderen.
Ich mache es dem umgebenden Verkehr einfacher wenn ich berechenbar bin.

Der sicherste Weg Kappenkollisionen zu verhindern ist während der gesamten Schirmfahrt Abstand zu halten.

Dieser Text ist inspiriert durch: http://takebackthesky.com/cc.php
Teilweise übersetzt, durch eigene Gedanken angreichert und ergänzt.

Das Thema Swooping habe ich absichtlich herausgelassen.

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Du darfst diesen Text und die Bilder weiter- und wiederverwenden.

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