Aerodynamik und Freifall
Der Begriff Aerodynamik steht für Luft und Bewegung.
1. Die Kräfte
1.1. Gewichtskraft
Die Schwerkraft wirkt auf die Masse des Springers, und erzeugt die Gewichtskraft die in Richtung Erdmittelpunkt zeiht. Sie ist der Antrieb für den Fallschirmspringer im Freifall und an der Kappe.
1.2. Luftwiderstand
Wenn man sich durch die Luft bewegt verursacht die Reibung der Luftteilchen am Körper einen Luftwiderstand. Je höher die Geschwindigkeit durch die Luft ist, desto mehr Luftkraft entsteht.
Mit steigender Geschwindigkeit bekommt die Luft also merklich Substanz und wirkt mit ihrer Kraft auf die ihr gebotene Form/Fläche ein.
An der Kappe: Widerstandskräfte mindern die Gesamtflugleistung einer Fallschirmkappe.
Im Freifall: Die Luftströmung wirkt auf präsentierte Körperfläche.
Der Widerstand hängt vom Wert der Luftdichte ab:
Wenn die Luftdichte geringer wird, wird der Widerstand kleiner.
In größerer Höhe ist die Luftdichte geringer und die Freifallgeschwindigkeit größer.
Wenn die Luftkraft und die Gewichtskraft gleich groß sind, wird ein Fallschirmspringer im Freifall nicht mehr beschleunigt.
1.2.1. Formwiderstand
Eine Tropfenform (Stromlinienkörper) hat einen geringen Luftwiderstand. Eine hohle Halbkugel (Rundkappenreserve) hat einen hohen Luftwiderstand. Einen großen Formwiderstand erzeugt die Fallschirmkappe durch ihre vorne offenen Zellen.
1.2.2. Flächenwiderstand
Umso größer die dem Wind ausgesetzte Fläche ist, umso größer ist der Luftwiderstand.
Ein kleiner, schwerer Körper erreicht die schnellste Fallgeschwindigkeit.
Ein großer, leichter Körper erreicht die langsamste Fallgeschwindigkeit.
Am geöffneten Fallschirm ist die Fallschirmkappe der Hauptverursacher des Flächenwiderstands.
1.2.3. Induzierter Widerstand
Mit induziertem Widerstand ist die Kraft gemeint, die durch die Wirbel im System entstehen. Die Wirbelschleppe der Fallschirmkappe erzeugt induzierten Widerstand.
1.2.4. Restwiderstände
Hilfsschirm, POD, Fangleinen, Slider, Tragegurte, Springer, Springerbekleidung verursachen Widerstände die ebenfalls berücksichtigt werden müssen.
2. Achsen
Der Schnittpunkt aller 3 Achsen heißt Schwerpunkt. Man kann vereinfachend sagen, dass die Schwerkraft am Schwerpunkt wirkt.
2.1. Achsen im Freifall
Eine Drehung um die Längsachse heißt Rolle
Eine Drehung um Querachse heißt Salto.
Eine Drehung um die Hochachse heißt Drehung.
2.2. An der Fallschirmkappe
Eine Drehung um die Längsachse heißt Rolle.
Eine Drehung um Querachse heißt Nicken.
Eine Drehung um die Hochachse heißt Gieren.
3. Stabilität
Das Zentrum der gesamten Luftkraft nennt man den Kraftangriffspunkt.
Liegt der Kraftangriffspunkt höher als der Schwerpunkt, dann ist der Gleichgewichtszustand stabil.
Liegt der Kraftangriffspunkt unter dem Schwerpunkt, dann ist der Gleichgewichtszustand labil.
Liegt der Kraftangriffspunkt auf gleicher Höhe wie der Schwerpunkt, dann ist der Gleichgewichtszustand indifferent.
Der Gleichgewichtszustand bei der Freifallhaltung in X-Lage ist stabil.
Man bezeichnet einen Flugzustand als instabil wenn die Fluglage nicht kontrolliert ist.
• Ein Körper in labilem Gleichgewichtszustand kann kontrolliert fallen.
• Ein Körper in stabilem Gleichgewichtszustand kann unkontrolliert fallen.
• Ein Körper in indifferentem Gleichgewichtszustand kann kontrolliert fallen.
4. Freifallhaltungen
Man kann sich im Luftstrom in jede erdenkliche Lage bringen und durch Körperkontrolle zum Beispiel im Sitzen, Stehen, auf der Seite, im Kopfstand und auf dem Bauch fallen.
Zur Luftströmung schräg angestellte Körperflächen führen zur Ablenkung des Luftstroms und verursachen eine Bewegung um eine oder auch mehrere Achsen gleichzeitig bzw. führen zu Bewegungen durch den Raum.
Diese Bewegungen können durch den Springer bewusst kontrolliert werden.
Es kann durch fehlende Kontrolle des Körpers im Luftstrom zu extremen Trudelbewegungen und Überschlägen kommen, die in ihren Auswirkungen gesundheitsschädlich und gefährlich sind.
Die Freifallgeschwindigkeit hängt von Masse (Bleiweste), Größe, Freifallhaltung und Bekleidung des Fallschirmspringers und der Luftdichte ab.
4.1. Floaterlage
Die Floaterlage ermöglicht die langsamste Freifallgeschwindigkeit, etwa 170km/h.
Der Gleichgewichtszustand bei der Freifallhaltung in Floaterlage ist labil.
4.2. Track
Der Track dient während der Separation dazu, mit möglichst wenig Höhenverlust schnell horizontale Distanz zu anderen Springern aufzubauen.
Der Gleichgewichtszustand im Track ist labil. Die durchschnittliche vertikale Fallgeschwindigkeit im Track beträgt etwa 200km/h.
Ein gutes Tracking beim Formationsspringen ist wichtig, um bei der Separation einen genügenden Abstand zu Mitspringern vor der Öffnung des Fallschirms zu erhalten.
Eine gute Separation vor dem Ziehen sollte beim Springen mit anderen gewährleistet sein
4.3. Boxposition
Die Boxposition dient als Ausgangslage im Formationsspringen. Aus ihr sind schnelle Drehungen und Verschiebungen möglich.
Die durchschnittliche Freifallgeschwindigkeit beträgt in der Boxposition etwa 200 km/h (etwas mehr als 50m/s).
Der Gleichgewichtszustand bei der Freifallhaltung in Boxposition ist stabil.
Eine Horizontalbewegung nach vorne wird im Freifall erreicht durch Strecken der Beine und Zurücknehmen der Arme.
Ein Salto rückwärts aus der Boxposition kann ich einleiten indem ich die Arme breit nach vorn strecke und die Knie anziehe.
Durch eine halbe Rolle kommt man kontrolliert in die Rückenlage.
Die ersten Relativ-Sprünge sollte man erst nach erhaltener RW-Einweisung mit einem erfahrenen Springer durchführen, weil bei den ersten Anflugversuchen auf andere Springer im freien Fall verschätzt man sich oft, was eine Verletzungsgefahr durch Zusammenstoß in sich birgt. Die größte Gefahr im freien Fall sind Freifallkollisionen.
Eine gleichbleibende Freifallgeschwindigkeit (Endgeschwindigkeit) erreicht man nach etwa 10 Sekunden Freifallzeit und 300m Höhe etwa 50 m/s.
Berechnung der Freifallzeit: 10s für die ersten 300m Freifallstrecke, danach 1s je 50 m.
Bei einem Sprung aus 2.000 m GND in stabiler Boxposition bis zu einer Auslösehöhe von 800 m GND stehen also 28 Sekunden zur Verfügung.
Bei einem Sprung aus 1.500 m GND beträgt die Verzögerungszeit 16 Sekunden. Die Auslösehöhe ist also 900m GND.
Wenn ich 1500m in Fuß umrechnen will verwende ich folgende Formel:
ft = m x 3 + 10 %
4950ft = 1500m x 3 + 10 %
4950ft ~ 5000ft.
Wenn ich 5000ft in Meter umrechnen will verwende ich folgende Formel:
m= ft : 3 – 10%
1500m = 5000ft:3 – 0%
Wenn ich 2500m in ft umrechnen möchte: 8.250 ft
Faustformel kts in m/s umrechnen:
m/s = kts x 2
1 Meter pro Sekunde sind etwa 2kts
6 kt sind (nach Faustformel) 3,0 m/s
Die Höhe über Grund kann man im Freifall nur durch Ablesen des Höhenmessers bestimmen.
Ein ungewollte leichte Drehbewegung kann man stoppen in dem man:
Stabile Symmetrie herstellt durch Körpertrimmung über Hüfte, Schulter und Beine.
Eventuell Einleiten einer Gegendrehbewegung.
4.4. Head-down und Sitfly
Diese beiden Körperhaltungen dienen als Ausgangslagen für Freestyle, Freefly und Vertical Relative Work (VRW).
Die durchschnittliche Freifallgeschwindigkeit in der Head-down Position beträgt etwa 250 km/h (70 m/s.).
Bei einer Absetzhöhe von 4.000 m GND und einer Öffnungshöhe von 900 m GND beträgt die Verzögerungszeit beim Freeflying etwa 50 Sekunden. (inklusive Separation in 1500m GND)
Bei Head-Down- und Sitfly-Versuchen kann es zu großen horizontalen Versetzungen und damit zur Gefahr des Zusammenstoßes mit anderen Springern, insbesondere bei der Öffnung des Fallschirms kommen.
Bei den ersten Freestyle-Versuchen sollte man beachten, dass schnelle Rotationen zu Bewusstseinsstörungen führen können.
Beim Freestyle, Skysurfen und Freeflying ist zu beachten:
Das Fallschirmsystem sollte mit einem BOC – Throw- oder Pull-Out und einem Öffnungsautomaten ausgestattet sein. Ein akustischer Höhenmesser ist mitzuführen.
Das Surfboard muss zusätzlich mit einem geeigneten Abtrennsystem versehen sein.
Mit dem Skysurfen darf man erst beginnen man bestimmte Figuren im Freestyle/Freeflying fliegen kann und eine Einweisung von einem Instruktor oder einem erfahrenen Skysurfer erhalten hat.
Die Anzeige auf dem Höhenmesser basiert auf dem Vergleich von Luftdruckwerten.
Es kann auf dem Höhenmesser in Lee- oder Luvbereichen am Körper zu unterschiedlichen Anzeigen gegenüber dem tatsächlichen Luftdruck kommen.
4.5. Dive-Position
Mit dieser Körperlage (pfeilartige Kopflage) kann man kontrolliert und sehr schnell fallen, erreicht aber sehr wenig horizontalen Streckenflug. Mit dieser Körperhaltung werden Geschwindigkeitsrekorde erzielt (Speed-Skydiving). Diese Körperhaltung wird beim Stilspringen eingenommen um Anlauf zu nehmen.
4.6. Stil-Position
Die Stilposition wird von Springern beim Stilspringen eingenommen. Sie ermöglicht schnelle Drehungen um alle Achsen.
Die Bauchlage ist die beste Lage zum Ziehen des Schirmes, bei einer angemessenen Fall- und somit Luftgeschwindigkeit.
Den freien Fall zu kontrollieren ist eines der Ziele bei jedem Fallschirmabsprung. Ich sollte körperlich gesund, fit und beweglich sein, mich mit den verlangten Körperhaltungen auskennen und meinen Bewegungsapparat für die anvisierten Aufgabenstellungen vorbereiten.
Um verschiedene Freifallmanöver zu beherrschen, bedarf es viel Zeit und Übung im freien Fall.
Man sollte sich langsam an die jeweiligen Grundlagen der einzelnen Sprungdisziplinen herantasten und nichts Neues ohne Einweisung ausprobieren. Es gibt für jede Disziplin spezielle Erfahrungen, spezifisches Fachwissen und geeignete Ausstattungen. Jede Disziplin verlangt ganz bestimmte Fertigkeiten, die ich als Anfänger gar nicht kennen und deshalb nur unter Anleitung erlernen kann. Es wäre vermessen, die Meinung erfahrener Springer auszuschlagen, sich beim Erlernen neuer Dinge Versuch und Irrtum auszuliefern und damit vermeidbare Fehler zu wiederholen.
Plane den Sprung und springe den Plan.
Nur eine Neuheit pro Sprung.
4.7. Befähigungen
Im Fallschirmsport sind Befähigungen für die Sprungdisziplinen dazu da, Sicherheit zu fördern und Gefährdung anderer durch mangelndes Wissen und Können auszuschließen. Befähigung in diesem Sinne heißt, etwas Fachspezifisches zu können, nämlich mit einer Fallschirm- bzw. Freifalldisziplin vertraut zu sein und sich angemessen damit auszukennen.
4.7.1. Springen mit Helmkamera
Eine ausführliche Einweisung eines erfahrenen Kameramannes oder einer anderen sachkundigen Person ist vorher unbedingt notwendig.
Der Helm sollte fest am Kopf sitzen.
Eine Kamerakombi mit Flügeln sollte vorher ohne Kamera ausprobiert werden.
Die Helmkamera (der Kamerahelm) beim Start wird mitangeschnallt, am besten aufgehoben, bei einer kleinen Kamera, ist er auf dem Kopf.
4.7.2. Kappenrelativ
Der Sprung sollte mit einem erfahren Kappenrelativspringer erfolgen. Eine gründliche Einweisung ist vorher notwendig und die Ausrüstung muss dafür geeignet sein.
5. Absetzen
5.1. Den Absetzpunkt ermitteln
Man kann den Absetzpunkt für Sprünge mit wenig bis gar keinem Freifall mittels Winddrifter ermitteln.
Man ermittelt durch die Boden- und Höhenwinde in welcher Richtung, vom geplanten Landepunkt aus, der Absetzpunkt liegen soll.
Man errechnet die Freifallabdrift und die Abdrift am Schirm. Dann zählt man die Werte zusammen, erhält damit die gesamte Abdriftstrecke und somit die Entfernung vom geplanten Landepunkt zum Absetzpunkt.
Zu berücksichtigende Faktoren: Absetzhöhe, Anzahl der Exits, Windstärke und -richtung, Fluggeschwindigkeit des LFZ, Absetzfreigabe.
5.2. Exitorder
Als Exitorder bezeichnet man das Bestimmen der Absetzreihenfolge und damit die Beladungsreihenfolge des Flugzeugs. Also die logische Abfolge von Absprüngen (Einzeln und in Gruppen) beim Absetzen, unter Berücksichtigung aller Einflüsse. Der Abstand sollte 6 oder mehr Sekunden betragen, je nach Windgeschwindigkeit auf Absetzhöhe.
5.3. Absetzvorgang mit Wind
Beim Absetzen mit Wind sollte der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Exits verringert werden. Die Absetzstrecke kann über Grund länger werden, besser nicht . Die Exits sollten je nach Windstärke auf der Windachse „früh“ erfolgen.
6. Relativer Wind
Kurz nach dem Absprung ist der Springer horizontal noch genau so schnell wie das ihn absetzende Luftfahrzeug.
Der Fahrtwind bzw. die Luftströmung, direkt beim Absprung aus einem Flugzeug, das sich im normalen, horizontalen Flug befindet kommt also von vorne.
Nun ist der Springer der Schwerkraft ausgesetzt. Diese beschleunigt ihn bis zur Endgeschwindigkeit vertikal. Die Reibung vermindert währenddessen die horizontale Bewegung, bis diese Komponente vernachlässigbar wird.
Die Luftströmung, nachdem der Körper im Freifall seine Endgeschwindigkeit erreicht hat kommt also von unten.
Man bezeichnet den Windwechsel von vorne nach unten, der sich natürlicherweise durch den Absprung aus einem Flugzeug ergibt, als relativen Wind (eigene, gefühlte Sichtweise).
Fließende Überschneidung von nachlassendem Richtungsbeharren beim Absprung aus einem Flugzeug und der zunehmenden Fallbeschleunigung nach unten (aus Sicht eines außenstehenden Beobachters).
„Rutsche“ aus Luftkraft, die sich für kurze Zeit nach dem Absprung aus einem Flugzeug nach hinten und unten ergibt (aus Sicht des Absetzers zum Springer bzw. vom Springer zum Absetzer).
Bei Ballonsprüngen gibt es keinen relativen Wind.
7. Der Flächenfallschirm
7.1. Aufbau
7.1.1. Fangleinen und Trimmung
Bei einem Flächenfallschirm sind die 4 Leinengruppen so angeordnet, dass die Leinen von vorne nach hinten immer länger werden. Diese Eigenschaft nennt man Trimmung.
• Ist der Längenunterschied eher groß, spricht man von einer steilen Trimmung.
• Ist der Längenunterschied eher klein, spricht man von einer flachen Trimmung.
Die Trimmung bestimmt den Einstellwinkel.
7.1.1.1. Profilsehne
Unter Profilsehne versteht darunter die gedachte Verbindungslinie zwischen der Profilnase und der Profilhinterkante.
7.1.1.2. Einstellwinkel
Der Einstellwinkel ist vom Hersteller vorgegeben, kann jedoch durch Tragegurtsteuerung verändert werden.
7.2. Auftrieb
Die Tragfähigkeit der Fallschirmkappe entsteht durch den Auftrieb. Ein Tragflächenprofil setzt die Luftströmung durch Sog- und Druckwirkung in Auftriebsenergie um. Die entstehenden Kräfte teilen sich in 2/3 Sog und 1/3 Druck auf.
7.2.1. Stabilisatoren
Stabilisatoren verringern den Druckausgleich zwischen Überströmung und Unterströmung an den Außenzellen und stabilisieren den Schirm somit aerodynamisch.
7.3. Funktionsweise
Das Sinken wird durch das Gewicht verursacht. Durch die Einstellung der Fläche beginnt der Schirm nach vorne und unten zu gleiten. Dadurch entsteht die Luftströmung am Profil, die die Tragkraft (Auftrieb) des Flächenfallschirms erzeugt.
Auf der Oberseite im vorderen Drittel wird die größte Sogwirkung erzeugt.
Die Strömung fließt über das gesamte Obersegel und erzeugt dabei an der Profilwölbung durch erhöhte Strömungsgeschwindigkeit einen Sog.
Die Luftteilchen, die direkten Kontakt mit der Oberfläche des Obersegels haben, befinden sich physikalisch im Stillstand.
Die Schicht zwischen der voll beschleunigten Luftströmung und der Oberfläche des Obersegels ist die sogenannte Grenzschicht, aus der die Auftriebsleistung gewonnen wird.
Durch die Eigenschaft der Luft, sich natürlicherweise immer den geringsten Widerstand zu suchen bzw. Druckausgleich zu erreichen, ist die Strömung über der Mittelzelle am höchsten und an den Außenzellen am geringsten, mit Tendenz Richtung Null. Der Staudruck ist deshalb ist in der Mittelzelle am größten und in den Außenzellen am geringsten.
Den Punkt, an dem sich die Luftströmung ganz von der Oberseite des Flügels ablöst nennt man Ablösepunkt.
7.4. Klassifizierung
7.4.1. Streckung
Das Verhältnis Breite zu Tiefe eines Flächenfallschirms nennt man Streckung.
Eine Fallschirmkappe mit großem Streckungsverhältnis erzeugt im Vergleich zu einer mit geringerem Streckungsverhältnis bei gleicher Größe mehr Flugleistung durch größeren Auftrieb.
7.4.2. Profiltypen
7.4.2.1. Schnellflugprofil
Ein Schnellflugprofil hat eine schlanke, wenig gewölbte Form mit geringem Widerstand.
Eigenschaften:
• Große Streckung,
• geringe Profildicke,
• steile Leinentrimmung.
Schnellflugprofile werden bei Hauptschirmen eingesetzt.
Normale Landung mit 3-5 m/s Wind: Der Schirm fängt in eine flachere Flugbahn ab und schwebt während des Flares parallel zum Boden aus.
7.4.2.2. Langsamflugprofil
Es hat einen bei gleicher Geschwindigkeit größeren Widerstand und größeren Auftrieb.
Eigenschaften:
• Große Profildicke,
• geringe Streckung,
• flache Leinentrimmung.
Einsatzbereiche:
• Flächenreserveschirme.
• Zielsprungschirme.
• Kappenformationsschirme
Normale Landung mit 3-5 m/s Wind: Der Schirm bleibt auf seinem Gleitwinkel, wird aber durch den Flare in seiner Fluggeschwindigkeit abgebremst.
Ein Schnellflugprofil erzeugt bei gleicher Größe mehr Flugleistung durch größeren Auftrieb als ein Langsamflugprofil.
7.4.3. Bauformen
7.4.3.1. Rechteck
7.4.3.2. Elliptische bzw. an der Hinterkante abgeschrägte Modelle
Elliptische bzw. an der Hinterkante abgeschrägte Modelle erzeugen im Verhältnis zu Rechteckkappen bei gleicher Größe mehr Flugleistung durch größeren Auftrieb.
7.4.4. Material
7.4.4.1. Nullgewebe
Nullgewebe ist der Fachbegriff für luftundurchlässiges Gewebe.
Eine Kappe aus Nullgewebe erzeugt bei gleicher Größe mehr Flugleistung durch größeren Auftrieb als eine aus F-111.
7.4.4.2. F-111
Die Diffusion der Luft bei F-111-Gewebe am Obersegel stört die laminare Luftströmung und damit die Auftriebserzeugung. Deshalb ist ein F-111-Schirm schlechter in seiner Flugleistung als ein gleich belasteter Nullgewebeschirm.
7.5. Vorteile gegenüber Rundkappen
• Sie sind steuerbar und zur Landung kann man den Schirm durch Bremsen abfangen.
• Sie gleiten beim Sinken nach vorne, dadurch lassen sich größere Strecken im Flug zurücklegen
• Man kann gegenüber dem Grund mit dem Schirm gegen den Wind vorwärts fliegen, vorausgesetzt der Wind ist nicht stärker als die Eigengeschwindigkeit (Vortriebskraft) des Flächenfallschirms.
• Man kann mit einem Flächenfallschirm quer zum Wind fliegen und wird dabei quer zur Windachse versetzt.
8. Fliegen mit einem Flächenfallschirm
8.1. Flugzustände
8.1.1. Begriffserklärung Anstellwinkel:
Der Anstellwinkel ist der Winkel zwischen der Profilsehne und der anströmenden Luft.Er ist stark vom jeweiligen Flugzustand abhängig und ein entscheidender Faktor für die Auftriebserzeugung.
Der Anstellwinkel wird vom Springer durch Betätigen der Steuerleinen verändert, während der Einstellwinkel vom Hersteller vorgegeben ist, jedoch durch Tragegurtsteuerung verändert werden kann.
8.1.2. Geradeausflug
Im Geradeausflug ist der Auftrieb am günstigsten, weil:
• die totale Luftkraft der Fallschirmkappe der Schwerkraft exakt entgegen wirkt.
• das Gewicht des Springers durch keine zusätzliche Kraft (bspw. Fliehkraft) beeinflusst wird.
• die Strömung um die Fallschirmkappe laminar ist.
8.1.3. Kurvenflug
8.1.3.1. Direkte Steuerung
Ich ziehe an einer Steuerleine um meine Flugrichtung zur gleichen Seite zu verändern. Die einfachste Art einen Fallschirm zu steuern. Durch wenig Steuerimpuls in die entsprechende Richtung fliege ich eine langsame Drehung. Durch angemessen zügiges Ziehen einer Steuerleine, so dass die Flugbewegung fließend aber bestimmt erfolgt, fliege ich eine schnelle Drehung. Die Springermasse ist dabei immer ballistisch zum Schirm.
8.1.3.2. Indirekte Steuerung
Durchführung:
Durch Hochlassen der gegenüberliegenden Steuerleine aus angebremsten Zustand (ca. 50-75 %) können sehr flache Kurven geflogen werden. Diese Taktik nennt man indirekte Steuerung.
Anwendungsbeispiele:
• Im gebremsten Endanflug, um den Schirm in der Richtung zu halten.
• Zum Drehen in Bodennähe, insofern der Höhenverlust ungefährlich und akzeptabel ist.
• Zum Fliegen von Achterschlägen, um bei zu hoch angesetztem Endanflug noch Höhe abzubauen.
8.1.3.3. Tragegurtsteuerung
Man verstellt den vom Hersteller vorgegebenen Einstellwinkel.
Man verändert die Trimmung während des Steuermanövers. Dabei ist nicht gewährleistet, dass jedes Kappenmodell flugstabil bleibt.
Man schränkt das Profil und verändert die vom Hersteller gedachte Flügelform. Dies kann sich sehr aggressiv auf das Flugverhalten auswirken.
8.1.3.3.1. Hintere Haupttragegurte
• Die engste Drehung erreicht man über die hinteren Tragegurte.
• Bei gerissenen Steuerleinen lässt sich ein Flächenschirm auch über die hinteren Tragegurte steuern.
• Die Zugstrecke der Gurte für Drehungen oder einen Flare ist aufgrund der massiven Profilveränderung nicht sehr groß.
8.1.3.3.2. Vordere Haupttragegurte
Schnelle Drehungen, unabhängig mit welcher Technik geflogen haben folgende Eigenschaften gemeinsam:
• Sie verlieren sehr viel Höhe gegenüber dem Grund.
• Sie sind sehr steil in ihrer Kurvenlage.
• Beim Einleiten einer schnellen Drehung taucht der Schirm in seiner Flugbahn regelrecht nach unten ab.
Flugmechanisch passiert in einer Steilspirale folgendes:
• Die Fliehkraft treibt das Springergewicht nach außen (Kettenkarusselleffekt).
• Die Fallschirmkappe wird über die Fangleinen mit in die Schräglage gezogen.
• Dadurch, dass der Auftrieb schräg bzw. quer zur Schwerkraft wirkt, erhöht sich in einer starken Drehung das Sinken des Schirmes drastisch.
Vorsicht bei abrupten Steuerbewegungen: Der Flächenfallschirm ist flugmechanisch ein instabiler Flügel. Er könnte sich in einer extremen Pendelbewegung bis zum Kontrollverlust (z. B. Verdrehungen) aufschaukeln.
Kleine elliptische Flächenfallschirme sinken bei Drehungen am schnellsten
8.1.4. Flare
Die auftriebserhöhende Wirkung des gebremsten Flächenfallschirms beruht unter anderem auf der Vergrößerung des Anstellwinkels.
8.1.4.1. Mit Steuerleinen
Durchführung:
• Durch paralleles Ziehen der Steuerleinen bis zur 100 % Bremsenstellung.
• Am besten gegen den Wind und den Schirm dabei nicht ausbrechen lassen.
• Das Ziehen der Steuerleinen soll so erfolgen, dass man langsam beginnt zu ziehen, um zunehmend schneller zu werden (dynamischer Flare).
• Bewegt sich der Boden nach meinem Gefühl schnell auf mich zu, flare ich entsprechend schneller bzw. langsamer, wenn der Boden langsam auf mich zukommt.
8.1.4.2. Mit den hinteren Haupttragegurten
• Beim Bremsen kann man die Fallschirmkappe schnell überstallen.
• Das Flugverhalten ist sehr abrupt; zum Landen mit den Tragegurten ist deshalb ein Landefall zur eigenen Sicherheit sinnvoll.
Der Flare sollte sanft und nicht zu abrupt durchgeführt werden weil:
• Durch abruptes Bremsen pendle ich sehr weit nach vorne durch.
• Durch starkes Pendeln nach vorne vergrößere ich zusätzlich zum Bremsen den Anstellwinkel der Fallschirmkappe.
• Die Kappe könnte dynamisch überstallen, obwohl sie nicht voll durchgebremst ist.
Es kann passieren, dass ein Schirm beim Bremsen gegenüber dem Grund rückwärts fliegt. Beim Flug gegen den Wind kann je nach Windstärke eine Abdrift nach hinten stattfinden.
Beim Bremsen der Flächenfallschirmkappe wird durch Veränderung der Profilsehne zur Luftströmung der Anstellwinkel vergrößert.
• Der Schirm wird dabei durch paralleles Ziehen der Steuerleinen abgebremst. Diesen Effekt (Flare) kann man zur Landung nutzen.
• Der Bremseffekt hält nur solange an, wie der Schirm noch in Bewegung ist und Luftströmung anliegt. Kommt der Schirm zum Stillstand, geht er in den Sackflug über.
• Wird der Schirm überbremst, wird ein Stall erzeugt.
8.1.5. Stall
Man spricht vom Abreißen der Strömung (Stall) beim Flächenfallschirm, wenn die Luftströmung nicht mehr an der Profiloberseite anliegt. Die Strömung auf dem Obersegel folgt nicht mehr der Profilform und löst sich von der Hinterkante beginnend ab.
Ein Stall kann durch zu starkes Bremsen mit den Steuerleinen oder den hinteren Haupttragegurten erzeugt werden. Der Schirm kollabiert und beginnt danach sehr schnell seine Tragfähigkeit zu verlieren.
8.1.5.1. Annäherung an den Stall
Die Luftströmung vermag der Profilwölbung auf der Oberseite nicht mehr zu folgen, es kommt zur Grenzschichtablösung.
8.1.5.2. Stallpunkt
Der Stallpunkt ist vom Verhältnis Gewicht des Springers zu Größe des Schirms und Bremsenstellung abhängig.
Ein Stall sollte beim Flare zu Landung unbedingt vermieden werden. Da ich durch den Stall rückwärts Richtung Boden fallen kann besteht die Gefahr, dass ich mich erheblich verletze.
8.2. Navigieren
8.2.1. Begriffserklärungen
8.2.1.1. Gleitwinkel
Die Flugbahn nach vorn und unten ergibt in der Seitenansicht einen Neigungswinkel gegenüber der Horizontlinie.
Diesen Winkel nennt man Gleitwinkel:
Mit Wind
Wird ein Schirm in voller Fahrt mit Wind geflogen, trägt es diesen über Grund sehr weit. Er hat einen kleinen Gleitwinkel. Wenn ich den Schirm leicht anbremse kann ich den Gleitwinkel noch verbessern, er gleitet dann noch weiter.
„Wenn ich mit einem Flächenfallschirm mit dem Wind fliege, ist die Neigung der Flugbahn gegenüber dem Horizont flacher als bei null Wind.“
Gegenwind
„Wenn ich mit einem Flächenfallschirm gegen den Wind fliege, ist die Neigung der Flugbahn gegenüber dem Horizont steiler als bei null Wind.“
Ist der Gegenwind so stark, dass der Schirm in voller Fahrt gegenüber dem Grund nicht mehr vorwärts fliegt, kann man durch paralleles Ziehen der vorderen Tragegurte noch minimal Vortrieb gewinnen, allerdings verbunden mit schnellerem Sinken.
Quer zum Wind
„Wenn ich mit einem Flächenfallschirm quer zum Wind fliege, ist die Neigung der Flugbahn gegenüber dem Horizont genau wie bei null Wind.“
8.2.1.2. Gleitzahl
Aus dem Verhältnis Sinken zur Flugstrecke, ohne Einfluss von Wind, ergibt sich ein Wert. Dieser Wert heißt Gleitzahl.
8.2.1.3. Eigengeschwindigkeit
Die Eigengeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit deines Schirms unabhängig vom Wind. Es ist also egal ob Du mit oder gegen den Wind fliegst, die Eigengeschwindigkeit bleibt unverändert.
8.2.2. Landeeinteilung
• Im Bereich Steuertaktik kann ich immer etwas dazu lernen.
• Dabei ist defensives und vorausschauendes Fliegen der sicherste Flugstil.
• In Turbulenzen fliegt mein Flügel leicht angebremst stabiler.
• Im Flugverkehr muss ich ständig hellwach sein, damit ich weiß, wo ich bin, wo ich hin will, und wo sich andere aufhalten.
• Ich kann durch unüberlegtes Steuern Kräfte freisetzen, die mich und andere massiv gefährden können.
Es ist besser, frühzeitig auf eine geeignete Ausweichlandefläche abzudrehen, als durch die Fortsetzung des geplanten Landeanfluges in Schwierigkeiten zu geraten (bspw. durch Hindernisse, tiefes Drehen im letzten Moment, Kappenkollision, etc.).
Viele Springer landen gleichzeitig im Landegebiet. Deshalb ist dort der Flugverkehr oftmals sehr dicht und bei Unachtsamkeit auch gefährlich.
8.2.2.1. Windachse
Aus der Richtung, aus der man mit Wind den Endanflug erreicht, auf der Windachse ist, im Bezug zum geplanten Landepunkt, die Reichweite eines Flächenfallschirms gegenüber dem Grund am größten und für den Kappenflug am flexibelsten.
Das heißt, man positioniert sich immer so, dass der Endanflug zur Landung gegen den Wind, durch den Flug mit dem bzw. quer zum Wind, in erreichbarer Entfernung liegt.
8.2.2.2. Seitenwind
• Der Seitenwind kann so stark sein, dass ich mein Landegebiet nicht erreiche.
• Die seitliche Abdrift erfordert ein ständiges Gegenhalten, um auf Achse zu bleiben.
• Ständiges Korrigieren erfordert meine volle Konzentration.
• Die unsymmetrische Steuerleinenstellung ist gewöhnungsbedürftig
8.2.2.3. Abstand
Ich sollte nicht mit geringem Abstand auf der gleichen Flugbahn hinter einem anderen Flächenfallschirm her fliegen. Durch die Wirbelschleppe könnte meine eigene Aerodynamik gestört werden und ich bekomme Probleme mit meiner Flügelstabilität.
8.2.2.4. Achterschläge
Das Fliegen einer Flugbahn, die über Grund eine 8 beschreibt.
Ein Flugmanöver, durch das sich der Springer immer wieder an die gleiche Stelle über Grund zurück bringt und das generell zum Höhenabbau benutzt wird.
Ein Flugmanöver, das bei zu hohem Endanflug gegen den Wind genutzt wird, um sich im Bezug zum Landepunkt besser zu positionieren.
Achterschläge sind im Endanflug so auszuführen, dass das Landeziel nicht mehr aus den Augen gelassen wird. Sie sollen weich und kontrolliert geflogen werden, so dass keine Kollisionsgefahr mit anderen Springern entsteht.
8.2.2.5. Wettereinflüsse
Kurz vor der Landung, dass heißt in Bodennähe, ändert sich der Wind durch zusätzliche Einflüsse. Es kommt zu Änderungen in Richtung und Stärke wegen Bodenreibung bzw. Auf- und Abwinden durch thermische Einflüsse und Bodenform. Deshalb möchte unser Schirm, wenn er gegen den Wind geflogen wird, aus seiner Landerichtung ausbrechen. Der Schirm muss im Endanflug in der Richtung gehalten werden, da er nicht von selbst gegen den Wind auf der Windachse bleibt.
Beim Fliegen von einer ruhenden in eine sinkende Luftmasse (Abwind) ist mit erhöhter Sinkgeschwindigkeit und Turbulenzen zu rechnen.
8.2.3. Hook-Turns
Hook-turns sind bei der Landung gefährlicher als normale Landungen:
• Durch die Kurvendynamik entsteht eine Flugbahn im Bezug zum Boden, die nur mit sehr viel Erfahrung und Gefühl kontrolliert werden kann.
• Dieses extreme Flugmanöver kann zu schweren Landeunfällen führen.
• Die Flug- und Sinkgeschwindigkeiten erhöhen sich dabei so sehr, dass bei falscher Einschätzung kein Handlungsspielraum verbleibt.
• Man verliert in der Drehung sehr viel Höhe und verschätzt sich somit leicht, was zu schlimmen Verletzungen bzw. zum Tod führen kann.
8.3. Auswahl des passenden Fallschirms
Anhand der geeigneten Flächenbelastung kann ich den für meinen Erfahrungsstand angemessenen Fallschirmtypen und dessen Größe herausfinden.
Flächenbelastungstabelle des DFV
http://www.dfv.aero/webs/dfv/downloads/Top-Thema_2008_Flaechenbelastungstabelle.pdf
Ein Schirm mit zu hoher Flächenbelastung fliegt und sinkt im Gleitflug schneller, die Flugcharakteristik ist allgemein aggressiver. Fehlerhafte Steuerimpulse wirken sich unverzeihlich aus.
9. Die Öffnung
Wird beim Öffnen des Fallschirmes die Ausgleichshand nicht nach vorne genommen kann dies zu einem seitliches Abkippen führen.
Um Flächenfallschirme bei deren Entfaltung mit genügend Luft zu füllen, braucht es Zeit und somit ausreichende Höhe.
• Der Schirm muß nach vollständiger Öffnung normal fliegen. Ich kann mich davon optisch und mit einer Steuer- und Bremsprobe selbst überzeugen.
• Ein Flächenfallschirm darf ohne mein Zutun niemals seine Form verändern (Drehen, Stallen oder Kollabieren). In diesem Falle habe ich entweder eine leichte bis schwere Öffnungsstörung oder gar eine Fehlöffnung.
• Nach der normalen Entfaltung des Fallschirms ist die größte Gefahr eine Kappenkollision.
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